VEST POCKET KODAK MODEL B vom Flohmarkt an der Nikon Z6 – Das Objektiv ist fast 100 Jahre alt!
2019 gab es den Beitrag Apple iPhone 6s im (Größen-) Vergleich gegen eine Vest Pocket Kodak Series III
Der Bericht endete mit der Bemerkung: Ich werde meine Vest Pocket Kodak Series III wohl nicht zerlegen, um an das Objektiv zu kommen, weil die Adaptierung unkomfortabler ist, als bei vorhandenen Objektiven, die auf der spiegellosen Systemkamera problemlos weiterleben…
Das ist heute, 5 Jahre später, ganz anders!
Bei meiner zweiten VEST POCKET KODAK MODEL B vom Flohmarkt habe ich nicht lange gezögert das Objektiv samt Lochblende und Verschluss zu demontieren. Zumal sich irgendetwas verklemmt hatte und sich die Standarte mit dem Objektiv nicht sauber in den Schienen rausziehen ließ. Auch wenn ich noch eine Handvoll der exotischen 127er Rollfilme habe, womit die Kodak geladen wird — diese Filme sind meiner zweiäugigen KINO-44 Spiegelreflexkamera vorbehalten!
Jetzt also das zweilinsige Objektiv der VEST POCKET KODAK MODEL B in der Digitalwelt
Um für die Vergleichsfotos die Hintergründe ein wenig anzugleichen, wurde die Objektiv-lose Rest-VEST POCKET KODAK MODEL B und der Umbau per Photoshop KI vor eine Bretteroberfläche gestellt.
Das Objektiv bietet die Blenden f/8, f/16, f/32 und f/64. Durchaus interessant später mal die beugungsbelastete f/64 zu probieren. Der Verschluss bietet die Belichtungszeiten I wie Instant, vermutlich irgendetwas um 1/30 bis 1/60 s und T wie Time. Auslöser betätigen, der Verschluss öffnet. Auslöser erneut betätigen, Verschluss schließt. Genau die richtige Einstellung fürs digitale Fotografieren, adaptiert auf der spiegellosen Systemkamera. Brennweite? Die Diagonale des 4 x 6,5 cm Formats beträgt 7,6 cm oder 76 mm. In diesem Bereich muss das Objektiv also liegen. c`t "Mit KodaksSoldatenkamera fotografieren" schreibt dazu: "Objektiv (Festbrennweite): 72 mm, 84 mm oder 85 mm"
Zur Funktionskontrolle zwei schnelle Blümchenbilder
Charme zerstört?
Zur Demonstration was Adobe Lightroom & Co. können …
In dem linken Beispiel habe ich nur den Weißabgleich und die Belichtung nach +0,5 EV korrigiert. Daneben, was Lightroom an Korrekturmöglichkeiten bietet. Ob man den Rest Weichheit noch wegbekommt, müsste man probieren. Es ist Ansichts-/Geschmackssache! Ich tendiere zur linken Version. Es lohnt sich aber vorsichtig zu spielen, um den Charakter des fast 100 Jahre alten Objektivs nicht kaputtzumachen. Hängt sicher auch vom Motiv ab!
Die Adaption
Der Fairness halber vorweg. Bei mir hat sich mittlerweile reichlich "Kram" angesammelt, der sinnvoll bei der Adaption exotischer Objektive eingesetzt werden kann. Dabei spreche ich unter anderem von Zwischenringen unterschiedlicher Stärke, die hier zum Einsatz kamen. Das wichtigste Zubehör aber ist der — in meinem Fall — M42-/Nikon Z Makro Helicoid Adapter. Der mit seinem Schneckengang gegenüber dem starren M42-/Nikon Z-Adapter den Riesenvorteil hat, "starre" Objektive wie beispielsweise meinem
- Meyer-Optik Görlitz Trioplan N 2,8/100, das nur als unvollständiger, starrer Objektivkopf in meine Sammlung kam, zum Fokussieren zu verhelfen.
- Oder dem einlinsigen, ebenfalls starren Junior LUMA-RAY f3 70mm
Jetzt also das 8/72 mm VEST POCKET KODAK MODEL B. Mit der gezeigten Anordnung M42 Helicoid und 2 Zwischenringen wird sowohl Unendlich, als auch der Nahbereich erfasst! Dieses Prinzip ist bei entsprechenden Adaptionen immer gleich: Helicoid passend zur eingesetzten DSLM und ggf. Zwischenringe.
Diese Helicoid oder Makro-"Schnecken" gibt es für zahlreiche Anschlüsse!
Hier das in die Digitalwelt transformierte Zeiss-Opton Sonnar 1:1.5 f=50mm auf einem M39-/Nikon Z-Helicoid
Zur Befestigung des Kodak-Objektivs wurde der Zwischenring und das Objektivgehäuse per feinem Sandpapier aufgeraut und dann mit einer hauchdünnen Schicht Cyanacrylat-Sekundenkleber verklebt. Zur Sicherheit wurde das Ganze noch mit zwei oder drei Lagen Isolierband aus dem Elektrobedarf fixiert — fertig.
An dieser Stelle vielleicht noch etwas zur Altglas-Philosophie
Möglicherweise wird sich der eine oder andere fragen, was dieser "Unsinn" eigentlich soll. Die aktuellen Objektive bieten komfortablen Autofokus und sind per Software — Chip im Objektiv, updatebare Firmware in der Kamera — so durchkorrigiert, dass sie eine fast perfekte Abbildungsleistung bieten. Genau das ist es, was ich NICHT will. Keine Frage, dass Sachaufnahmen bis in die hinterste Bildecke abbildungsscharf sein sollen/müssen. Aber viele Motive werden so auch leblos, ja steril. Und da schlägt die Stunde des möglichst gekonnt eingesetzten Altglas. Womit wir das geklärt hätten.
Qualitäts- und sonstiger Eindruck
Wie oben bereits bemerkt, geht es hier nicht um technisch beste Abbildungsqualität. Dafür gibt es modernes und ebenfalls hervorragendes Altglas, das auch in Digitalfotozeiten besteht:
Es darf/soll aber auch mal weich sein. Was nicht zwingend unscharf bedeutet. Gerne auch mit gewissen Randunschärfen und Randabdunkelungen, Vignettierung. Lenken diese Fehler den Blick doch zwangsweise aufs Hauptmotiv. Neben dem jetzt nur kurz probierten 8/72 mm Vest Pocket Kodak Objektiv harren noch zwei weitere Objektive ihrer Adaption.
Da ist das bereits gezeigte T-43 4/40 LOMO, das auf der SMENA SYMBOL steckt und als zweites Exemplar bereits im Haus ist.
Und dann noch gibt es noch ein sicher höherwertiges Nippon Kogaku Japan NIKKOR-H 1:2 f=48mm, das einer irreparablen (Sturzschaden, Objektiv steht schief …) NIKKOREX AUTO35 entnommen wurde. Das wird allerdings "Arbeit", um das vernünftig zu adaptieren.
Die 8/72 mm Kodak-Linse und das T-43 4/40 LOMO gehen mit auf einen Herbst-Nordlandtrip. Mal sehen wie das wird …
Ralf Jannke, September 2024
Kurzer Nachtrag: Wider die Beugungsregel … 24 Megapixel mit f/64!
Laut Theorie lautet die Beugungsregel: Pixelabstand auf dem Sensor (Pixelpitch) x2 = Blende, bei der die Bugungsunschärfe beginnt. Die Nikon Z6 hat einen Pixelpitch von 5,9 µ. Mal zwei macht f/ 11,8. Also stärker als Blende 11 (gerundet) sollte man nicht abblenden. Blende f/16 geht erfahrungsgemäß auch noch. Das obige Foto wurde mit Blende f/64 der Kodak-Linse aufgenommen …
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Autor: | Ralf Jannke |
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Erstellt: | 5.10.2024 |
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