REFLEX?
Hätte Elicar in seiner Objektivbezeichnung den Begriff "Mirror", zu Deutsch "Spiegel" verwendet, wäre schneller klar gewesen, um was für ein Objektiv es sich handelt: ein so genanntes Spiegelobjektiv.
Diesen Spezialisten haben wir mehrere Praxisbeiträge gewidmet, wo diese Objektive und ihre Besonderheiten ausführlich beschrieben werden:
- Wozu ein öffentlicher Bücherschrank doch gut sein kann …
- Nikon Z5 8/500 mm Kalimar Spiegelobjektiv, 8/500 mm Maginon (Linsen) und Walimex MC Mirror Lens 1:8.0 f=500
- walimeX MC MIRROR LENS 1:8.0 f=500mm
- walimeX MC MIRROR LENS 1:8.0 f=500mm Teil 2
- 500mm Reflex Nikkor, 1000mm Sigma Spiegelobjektiv Nikon Z6
- SIGMA MIRROR TELEPHOTO 1000mm F13.5
- SIGMA MIRROR ULTRA-TELEPHOTO 1:8 f=500mm
Dort wurden bisher "nur" zwei Brennweiten vorgestellt: 500 und 1000 mm. Die Mehrzahl aller Spiegelobjektive hat 500 mm Brennweite. Eine Brennweite, die noch praktikabel und bei Sensorstabilisierung und schnellen Verschlusszeiten >/= 1/1000 s auch mal aus der Hand eingesetzt werden kann.
Etwas Spiegelobjektiv-Geschichte
Brennweitenrekordhalter dürfte die CANON MIRROR LENS TV 5200 mm 1:14 sein
Ich meine mich auch noch an ein ähnlich langes Zeiss (?) Spiegelobjektiv zu erinnern, dass sich ein Multimillionär einzeln anfertigen ließ, um damit seltene Raubkatzen zu beobachten …
Etwas weniger Brennweite ;-)
- Als in Köln noch alle zwei Jahre im Herbst die Weltmesse der Fotografie veranstaltet wurde, hatte ein Händler auf der Kölner Domplatte über die Photokina-Tage in DM-Zeiten jedesmal ein Reflex NIKKOR.C 2000 mm 1:11 für irgendwas um 20.000 DM im Schaufenster. Gekauft hat es glaube ich niemand …
- Nur wenig kürzer war das Minolta RF Rokkor 1600mm 1:11, das auf einer Auktion für schlappe 6000 Euro unter den Hammer kam …
Und damit sind wir bei etwas gemäßigteren 1000 mm Brennweite
- Ohne jetzt alle listen zu wollen, verschwindet eine Großzahl an Zeiss-Varianten vermutlich in Sammlervitrinen/tresors. Eine wirklich ideale Verwendung von Hochleistungsobjektiven … Das gleiche Schicksal widerfährt dem Nippon Kogaku Japan Reflex-NIKKOR 1:11 f=1000mm, das zu uninteressanten Sammlerpreisen offeriert wird.
- Mit 175 Euro war mein SIGMA MIRROR TELEPHOTO 1000mm F13.5 dagegen ein Schnapp ;-)
- Mit 1 m Brennweite als "Russentonne" verballhornt, steht für 399 Euro noch ein Maksutov Teleobjektiv 1000 mm f/10 zur Verfügung. Ich habe es tatsächlich mal kurzzeitig probiert. Vom Objektiv oder damit aufgenommenen Fotos existiert aber nichts mehr.
- Fürs MINOLTA LENS RF ROKKOR 1:8 f=800mm muss ebenfalls das Prädikat "Sammlervitrinen-Objektiv" vergeben werden.
- Walimex bot zeitweise ein pro 800mm/1:8,0 für ca. 250 Euro an. Es ist wohl unter anderen Namen nach wie vor verfügbar.
- Und dann folgt die größere Menge an Spiegelobjektiven mit 8/500/600 mm Brennweite diverser Premium- und Fremdhersteller. Ungeachtet der mir nicht bekannten Abbildungsqualität sei hier noch das Walimex pro 500mm/1:6,3 für ca. 230 Euro erwähnt, weil es fast doppelt so lichtstark ist, wie die Mehrzahl an 500 mm Spiegelobjektiven. Wobei es diesen Hersteller in seiner alten Form/Bezeichnung wohl nicht mehr gibt. Das Objektiv aber mit etwas Suche unter anderen Namen.
- Viermal so lichtstark ist dann das schon lange nicht mehr produzierte Sigma[-XQ] MF 500mm F/4 Mirror
- Was gibt es an Spiegelobjektiven kürzer als 500 mm? Das Tokina SZX 400 mm F8 REFLEX MF erlaube ich mir noch in die 500 mm Klasse zu nehmen.
Diese bisherige Auflistung hat selbstverständlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit! Es gibt wahrscheinlich noch viel mehr als eine weitere Handvoll Spiegelobjektive!
Was bleibt dann noch übrig? Kürzere Brennweiten!
Das von der Brennweite kürzeste Spiegelobjektiv baute Minolta: Das mit 66.5 mm Ø, 58mm Länge und 250 g Gewicht nur Normalobjektiv-große MINOLTA RF ROKKOR 250mm 1:5.6. Es wird aktuell für 400 bis über 1000 Euro offeriert. Verkauft wurden Exemplare für 150 bis 350 Euro, Tendenz eher 300 +/- 50 Euro. Selbst dafür würde ich das natürlich nette Spiegeltele nicht kaufen. Ich habe mir bei dem Preis auch nicht die Mühe gemacht im Internet etwas über die Abbildungsqualität des 250 mm zu finden.
OLYPEDIA DAS OLYMPUS-WIKI listet unter "Spiegelobjektiv" noch ein Berolina Reflex Mirror 1:5,6/250 mm und weitere kürzere Spiegelobjektive.
Langer Rede kurzer Sinn: Für absolut vertretbare 50 Euro ist mir ein ein ELICAR COMPACT REFLEX MULTI COATED f:5.6/300mm über den Weg gelaufen! Das es auch als Spiratone Minitel-T 300mm F/5.6 Mirror Plura-Coat gibt.
Während das 250 mm Minolta aus 6 optischen Elementen (2 Spiegel!) in 5 Gruppen aufgebaut ist, ist der Aufbau des Elicars nicht bekannt. Gemeinsamkeit: Beide Spiegelobjektive haben eine Nahdistanz von 2,5 m.
Vergleichbar zum Elicar gibt es noch ein Hanimex 300mm F/5.6 Mirror, das es in weiteren 13 (!) Klonen gibt:
- Admiral 300mm F/5.6 Mirror
- Cambron 300mm F/5.6 Mirror
- Chinon 300mm F/5.6 Mirror
- CPC Phase 2 300mm F/5.6 Mirror
- Marumi 300mm F/5.6 Mirror
- Ohnar 300mm F/5.6 Mirror
- Optomax 300mm F/5.6 Mirror
- Quantaray 300mm F/5.6 Mirror
- Rokunar 300mm F/5.6 Reflex
- Super Danubia 300mm F/5.6 Mirror
- Super Travenon 300mm F/5.6 Mirror
- Super-Paragon 300mm F/5.6 Mirror
- Toyo Optics 300mm F/5.6 Mirror
Wie weit die sich vom ELICAR COMPACT REFLEX MULTI COATED f:5.6/300mm unterscheiden, war nicht rauszufinden. Fürs Hanimex und die Klone wird ein optischer Aufbau bestehend aus 8 Elementen (2 Spiegel) in 5 Gruppen genannt. Abmessungen/Gewicht: Ø 70 mm, Filter Ø 67 mm, Länge 63 mm, Gewicht 300 g, Nahdistanz ebenfalls 2,5 m
Es gibt noch ein 5,6/300 mm Kalimar Spiegeltele, das hier beschrieben wird.
Prinzipielles zum Spiegelobjektiv
Bauartbedingt können konventionelle Spiegelobjektive nicht abgeblendet werden.
Aber wie immer: Keine Regel ohne Ausnahme. Sogenannte Schiefspiegler können abgeblendet werden!
Entsprechend "kantig", "schräg" wie die Bezeichnung sehen diese Objektive auch aus ;-) Oder schief eben ;-) Auf dieser Seite wird ein derartiges Exemplar in zahlreichen Abbildungen präsentiert. Aber kein einziges mit dem Schiefspiegler aufgenommenens Beispielfoto gezeigt …
Übrigens
Durch Lichtverluste im Objektiv erreicht kein Spiegelobjektiv die angegebene Lichtstärke. Mit bis zu einer Blende Verlust muss gerechnet werden. Also: Ein 8/500 mm ist eher ein 11/500 mm! Und da spielt das 5,6(8)/300 mm Elicar einen kleinen Vorteil aus. Als reales 8/300 mm ist es dann doppel so lichtstark wie die Riesenmenge der realen 11/500 mm Spiegelobjektive! Und es bleibt herrlich kompakt und unscheinbar!
Genau für diese Motivrichtung wollte ich ein Spiegelobjektiv: "Donut"- Kringel-Bokeh. Mein walimeX MC MIRROR LENS 1:8.0 f=500mm ist zwar auch wunderbar kompakt und hat eine Naheinstellgrenze von 1,7 m. Es ist aber praktisch unfokussierbar. Bitte einfach mal in den Bericht schauen! Das Reflex-NIKKOR 1:8 f=500mm ist da deutlich besser, aber eben sehr voluminös! Und es war eine "Herzenssache" ;-) Beim 300 mm Elicar werden die Motivknten vom Fokus-Peaking rot markiert, beim walimeX passiert gar nichts. Und mit der Sucherlupe kann der Fokus beim Elicar noch genauer gefunden werden. Beim walimeX bleibt es Raten, allenfalls Schätzen …
Ganz sicher kein Premiumobjektiv. Der richtige Biss an Schärfe fehlt! Da muss mit kräftigem Nachschärfen noch Hand angelegt werden!
Bewusst dringelassen! Die ist so gering, dass sie problemlos rauskorrigierbar wäre …
Hotspot
Typisches Verhalten eines Spiegelobjektivs – die helle Mitte, der Hotspot. Wayne John Grundy's PhotoTech Blog erklärt zwar auch nicht, warum das so ist, schreibt aber immerhin dazu:
Die Bilder all dieser (Spiegel-)Objektive haben in der Regel eine helle Mitte mit dunklen Ecken – Vignettierung oder sogar einen ausgeprägten „Hotspot“ in der Mitte. Das Nikon war am schlimmsten, ließ sich jedoch mit dem Vignettierungs-Tool in Lightroom leicht beheben. Ich habe +55 Mittelpunkt 12 verwendet, um das Nikon zu korrigieren. Gemeint war die letzte, zwischen 1984 und 2005 produzierte, kompakte Version des 500 mm Reflex Nikkors. Meine erste Nikkor-Version hat auch den ausgeprägten Hotspot … Fürs 300 mm Elicar habe ich einfach die LR-Werte +90/0 probiert, siehe oben …
Qualitäts- und sonstiger Eindruck
Oben war zu lesen: "Ganz sicher kein Premiumobjektiv. Der richtige Biss an Schärfe fehlt! Da muss mit kräftigem Nachschärfen noch Hand angelegt werden!" Und doch ist das 5,6/300 mm Elicar mein praktikabelstes Spiegelobjektiv! Doppelt so lichtstark wie das geliebte 8/500 mm Nikkor, aber viel komfortabler und mit besseres Naheinstellung! Und mit 300 mm Brennweite immer noch ordentlich lang. Und im großen Unterschied zum auch kompakten walimeX MC MIRROR LENS 1:8.0 f=500mm fokussierbar! Das Elicar geht auf jeden Fall in den "Benutz-Objektiv-Bestand"! Interessant wäre, ob ein 300 bis 500 Euro Original MINOLTA RF ROKKOR 250mm 1:5.6 im 1:1 Vergleich tatsächlich so viel besser wäre, als das 50 Euro ELICAR COMPACT REFLEX MULTI COATED f:5.6/300mm. Das oben gezeigte und sicher auch spannende und schwer zu findende TAMRON SP 1:5.6 350mm TELE MACRO kommt bei Größenordnung 300 Euro für mich nicht in Frage. Nicht für gelegentliche Ausflüge in die Welt des "Kringel-Donut-Bokehs".
Ralf Jannke, November 2024
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Autor: | Ralf Jannke |
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Erstellt: | 26.11.2024 |
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