Geschwister?

Avatar of Boris JakubaschkBoris Jakubaschk - 22. Juni 2017 - Sammeln

Ich hatte die neu eingetroffene Coolpix 300 gerade auf dem Couchtisch geparkt, als mir auffiel, dass mein daneben liegendes Smartphone (Samsung Galaxy Note 4) fast exakt die gleiche Grundfläche hat. Damit nicht genug - wenn man die beiden Geräte vergleicht, tauchen noch einige weitere Gemeinsamkeiten auf: Die Coolpix ist zwar etwa vier mal so dick wie das Smartphone, ansonsten ähnelt sich die Bauform: Beide haben am oberen Gehäuserand der einen Seite das Kameraobjektiv, während die andere Seite von einem Touchscreen beherrscht wird. Sogar den Stift, mit dem man auf dem Bildschirm malen kann, gibt es bei beiden Geräten.

Hat Nikon da im Jahr 1997 das Smartphone vorweggenommen? Oder gar die heute allgegenwärtigen "Phablets" erfunden? So erstaunlich die Ähnlichkeiten sind, ich halte sie trotzdem für eher zufällig. Technisch hat Nikon sich eher bei den damals zunehmend populären Organizern bedient. Auf deren Business-Funktionen wurde aber verzichtet und anstelle dessen eine Kamera entwickelt, deren Bilder man mit Skizzen und Audiokommentaren versehen kann.

Spannend wäre es gewesen, hätte man die Resultate direkt verschicken können. Dafür war aber noch ein Computer und eine Online-Verbindung notwendig.

Vergleicht man die beiden Geräte direkt, wird der gigantische technische Fortschritt der letzten 20 Jahre offensichtlich: Die Nikon hat gerade mal VGA-Auflösung, das Smartphone glänzt mit 16 Megapixeln und 4K-Videos. Die Coolpix muss ihre Aufnahmen in 4 Megabyte unterbringen, dem Samsung stehen dafür 32 GB zur Verfügung, das ist 8000 mal so viel! Per Speicherkarte kann man den Speicher sogar noch um 128 GB erweitern. Der Bildschirm ist beim Smartphone knapp zweieinhalb mal so groß, viel heller, brillianter und mit dramatisch höherer Auflösung.

Das Smartphone kann im Gegensatz zur Coolpix 300 auch zum Telefonieren verwendet werden. Aber das macht ja ohnehin fast niemand mehr...

Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.

1 Kommentare

Ralf Jannke

23. Juni 2017

Hat Nikon da im Jahr 1997 das Smartphone vorweggenommen?

 

Ja, wenn man den Kommentar Stan Disbrows im englischsprachigen Nikonweb des Norwegers Jarle Aasland liest.

Auch wenn es in Stans Kommentar nicht um die Nikon Coolpix 300, sondern um die Coolpix 100 geht. Stan Disbrow: „This cam was the reason cams were put into cellphones. Really! I used one of these Nikons as part of my documentation process for Returned Product Failure Analysis at Ericsson. I used to carry it in the case they supplied with it, attached to my belt. At the time, we had just come out with the T68 mini phone (...) It was also the first unit with a color screen. It was also the same time as we (Ericsson) were forming the Joint Venture with Sony. (...) Once we had popped out the Communi-Cam, not only did we stick a camera into every phone, so did everyone else. And all because Nikon had made the CP100.“

Etwa:

Diese Kamera (Coolpix 100) war der Grund, dass Kameras in Handys/Smartphones eingebaut wurden. Wirklich! Ich habe eine dieser Nikons zur Dokumentation von Fehleranalysen bei Ericsson Produktrückläufern (Garantiefälle?) eingesetzt. Ich trug die Coolpix immer in ihrem mitgelieferten Köcher am Gürtel. In der Zeit, als der Trend war Handys wie das T68 immer kleiner zu machen. Das T68 war auch das erste Gerät mit einem Farbdisplay. Zur gleichen Zeit schlossen wir (Ericsson) ein Joint Venture mit Sony. Der leitende Ingenieur für Zubehör hatte die Idee, eine Kamera zu bauen, die an die Handyunterseite angeschlossen wurde. Ich bekam einen Prototypen und wurde gebeten, sie anstelle der Nikon (Coolpix 100) zu verwenden. Ich war glücklich, nicht nur weil die Kombination kleiner war, sie hatte auch eine höhere Auflösung. Die Bilder wurden drahtlos über Bluetooth übertragen, was eine Verbesserung war. Natürlich wurde die Kamera weiter entwickelt und ins Handy integriert. (...) Es war mehr Digitalkamera als Telefon. Die Kombination brachte alles mit, was aktuelle Smartphones haben. Nachdem wir (Ericsson) die Communi-Cam „rausgehauen“ hatten, boten auch alle anderen Anbieter Telefone mit eingebauter Kamera.

Und alles nur, weil Nikon die CP100 gebaut hat!

Verglichen mit der eher primitiven Coolpix 100 ist die Coolpix 300 eine hoch entwickelte "Multimedia"-Kamera!


Was ist digicammuseum.de?

Die analoge Fotografie blickt auf eine etwa 170-jährige Geschichte zurück, seit etwa 100 Jahren sind Fotoapparate auch für Privatleute erschwinglich. Trotzdem sollte es noch Jahrzehnte dauern, bis die Fotografie zu einem Hobby für Millionen von Menschen wurde und der Fotoapparat zum selbstverständlichen Accessoire jeder Urlaubsreise.

Um so überraschender ist es zu sehen, mit welcher Geschwindigkeit die etablierte Technik in wenigen Jahren nach der Jahrtausendwende in eine Nischenexistenz zurückgedrängt wurde. Ersetzt wurde sie durch Digitalkameras. Diese haben in kürzester Zeit eine atemberaubende Evolution durchlaufen und haben ihre analogen Vorfahren weitgehend überflüssig gemacht. In fast allen Haushalten wurde die alte Spiegelreflex- oder Kompaktkamera durch ein digitales Modell ersetzt.

Während die meisten analogen Kameras viele Jahre, teilweise auch Jahrzehnte lang genutzt wurden, landen die meisten Digitalknipsen nach drei bis vier Jahren in der Schublade und müssen einem leistungsfähigeren Modell weichen. Die technischen Fortschritte werden jedoch immer kleiner. Digitalkameras haben einen Stand erreicht, der keine drastischen Verbesserungen mehr zulässt. Der Boom fand seinen Höhepunkt um die Jahre 2008-2010 und hat seither deutlich nachgelassen.

Das ist auch schon rein äußerlich zu erkennen: In den ersten Jahren war bei den Herstellern von Digitalkameras der Wille zu beobachten, die neue Technik auch für Innovationen in Design, Bedienung und Funktionalität zu nutzen. Inzwischen ist diese Phase weitgehend vorbei und die Hersteller haben zu den aus analoger Zeit bekannten Kameratypen zurückgefunden: Kompaktkameras auf der einen und Systemkameras auf der anderen Seite.

Die in Smartphones eingebauten Kameras sind inzwischen jedoch so gut, dass sie Kompaktkameras die Existenzberechtigung geraubt haben. Wozu ein separates Gerät kaufen, wenn man vergleichbare Bilder auch mit dem Handy hinbekommt, das man zudem immer in der Tasche hat?

Es entsteht so im Moment die paradoxe Situation, dass so viel fotografiert wird, wie noch nie in der Geschichte - und gleichzeitig immer weniger "richtige" Kameras verkauft werden. Mag sein, dass die Ära der Fotoapparate für jedermann zu Ende geht und bald nur noch Hobbyfotografen und Profis als Kamerakäufer übrig bleiben. Deswegen ist nicht zu früh, die "wilden Jahre" der Digitalkamera-Entwicklung zu dokumentieren.

Diese Homepage war anfangs vor allem als virtuelles Museum meiner Kamerasammlung gedacht. Inzwischen ist daraus ein Projekt geworden, bei dem ein wachsender Kreis von Autoren tolle Beiträge zur Digitalkamera-Geschichte beisteuert. Den weitaus größten Anteil daran hat Ralf Jannke, der mit seinen Praxisbeiträgen die verschiedensten Themen detailliert behandelt und großartig bebildert. Was sich allerdings nicht geändert hat: Die Homepage ist ein reines Hobby- und Spaßprojekt. Wir freuen uns über den Austausch mit anderen Sammlern und Fotobegeisterten. Es gibt keine Werbung und wir sind auch keine bezahlten Influencer. Falls Sie allerdings noch eine spannene Kamera herumliegen haben, die Sie nicht mehr brauchen - wir sind immer auf der Suche nach weiteren Exponaten.

Boris Jakubaschk