RAW ist gar nicht roh! Und andere Ungereimtheiten und Wunder …

Avatar of Ralf JannkeRalf Jannke - 13. September 2020 - Wissen, Sammeln, Ausprobieren

Wie kommt es, dass Objektive digital Leistungen bringen, die sie analog nie abliefern konnten?

Im Beitrag "Können moderne System zaubern?" wurde es nur angedeutet, vermutet, wie diese „Zauberei“ möglich ist. Zu diesem Thema sollte man unbedingt den Beitrag: "Ist RAW wirklich roh?" studieren. Der Beitrag über RAW trifft voll ins Schwarze. 

Wirklich "roh" dürften nur die Dateien aus dem ersten Kodak DSLRs der 1990er Jahre gewesen sein. Im Kodak-Rückteil der analogen SLRs von Canon oder Nikon wurde nur digitalisiert, mehr nicht. Selbst ein Weißabgleich war nur hinterher per Software möglich. Ab 2000 dürfte mit jeder neuen Digital-SLR mehr und mehr kameraintern bereits in den "Rohdaten" "rumoptimiert" worden sein. Und das trifft auch für die Kamerahersteller-interne Software zu. Die analysiert unabhängig vom Speicherformat RAW oder JEPEG jede Aufnahme auf Randunschärfen, -abdunklung (Vignettierung) und Verzeichnung und korrigiert soweit möglich. Auch wenn die Fotos mit der Kamera unbekannten Objektiven aufgenommen wurden.

Um eine Ahnung zu bekommen, wie groß der Einfluss der Kamera-Firmware sein könnte, werde ich je nach Zeit und Lust bei einem späteren Rundgang in 2021 mit einem beschädigten 3,5/20 mm Nikkor und adaptierbaren Objektiven auf der analogen Nikon F501 losziehen. Auch wenn beim Einsatz von M42-Objektiven eine Linse im Adapter benötigt wird, die für die Unendlicheinstellung sorgt! Digital störte die Linse jedenfalls nicht.

Soweit die Begutachtung eines Farbnegativfilms nach der Entwicklung das hinterher zulässt. Denn in der Analogfotografie rechnete kein Kamera-Computer Randundschärfen, Randabdunkelungen und Verzeichnung raus!

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2 Kommentare

Ralf Jannke

12. September 2020

(…) jedes FT/mFT-Objektiv gibt der Kamera zum Zeitpunkt der Auslösung umfangreiche Korrekturdaten für aktuelle Brennweite/Blende, die als Parameter im ORF vorliegen: Vignettierung, Verzeichnung, CAs usw.

Das ist natürlich auch eine Möglichkeit!

Statt in einer Datenbank in der Kamera eingetragen, übermittelt jedes Objektiv bei der Aufnahme seine im Objektiv-Chip gespeicherten Korrekturdaten an die Kamerafirmware, die sie in die JPEG-Datei reinrechnet oder in die Rohdatei schreibt. Und mit jedem Firmware-Update kann eine Objektivdatenbank in der Kamera erweitert werden. Wobei es geschickter ist, jedem neuen Objektiv die Korrekturwerte gleich in den Objektiv-Chip zu schreiben!

Damit ist aber auch das Marketing-Märchen der neu gerechneten telezentrischen Olympus-"Hochleistungs"-Objektive entzaubert. Bevor es zum Olympus-Bashing wird: Die anderen Hersteller machen es bei ihren Objektiven genauso!

Lightroom und viele andere Konverter nehmen diese Objektiv-Parameter und nutzen sie als Ausgangswert für die erste Anzeige des Bildes.

Und jetzt die wichtigste Aussage des Kommentars: "Es gibt aber Konverter, die diese Parameter ignorieren und somit Fehler der Objektive gnadenlos zeigen. Dazu gehört z. B. Raw Photo Decoder (z .B. im Mac GraphicConverter eingebaut) oder Darktable.

DAS werde ich mir auf jeden Fall einmal ansehen!

Es muss aber noch eine gewisse Wahrheit dazwischen geben. Denn auch Fotos mit Chip-losem, adaptiertem Altglas werden überraschend gut. Also muss die Kamera auch ohne Kenntnis des angesetzten Objektivs, ohne jegliche Datenbank in der Lage sein, Brennweite, Blende, Randabschattung und Verzeichnung zu analysieren und rauszurechnen.


Christian Zahn

12. September 2020

mFT und Nikon RAWs

Die RAWs des FT/mFT-Standards dürften "roher" sein, als Herr Schuhmacher meint. Denn dort ist zum einen das ziemlich unkorrigierte Sensorabbild vorhanden. Und jedes FT/mFT-Objektiv gibt der Kamera zum Zeitpunkt der Auslösung umfangreiche Korrekturdaten für aktuelle Brennweite/Blende, die als Parameter im ORF vorliegen (Vignettierung, Verzeichnung, CAs usw.). Lightroom und viele andere Konverter nehmen diese Parameter und nutzen sie als Ausgangswert für die erste Anzeige des Bildes.

Es gibt aber Konverter, die diese Parameter ignorieren und somit Fehler der Objektive gnadenlos zeigen. Dazu gehört z. B. Raw Photo Decoder (z . B. im GraphicConverter (Mac) "eingebaut") oder Darktable.

Man schaue sich mal

www.opticallimits.com/m43/961_olympus714f28pro

an. Dort sieht man, wie ein Konverter mit den eingebetteten Korrekturdaten die Verzeichnung schönt und ein anderer die Wahrheit zeigt.

Bei Nikon gibt es etwas anderes

Die JPEG-Auflösung ist immer kleiner als das wahre RAW. Die Nikon-Konverter und auch Lightroom & Co nutzen als Ausgabegröße die im Kameradatenblatt genannten Pixelmaße.

Die Zusatzpixel am Rand werden benutzt, um Verzeichnung wegrechnen zu können und trotzdem das Bild nicht kleiner machen zu müssen, da ja die "unsichtbaren" Randpixel genutzt werden können. Auch hier gibt es Konverter, die mehr Pixel ausgeben können.

Als Beispiel nehme ich einmal die Nikon D3100: das Datenblatt sagt 4.608 x 3.072 Pixel, und das haben die JPEGs und die mit Nikon Capture gewandelten RAWs auch. GraphicConverter erzeugt hingegen 4672 x 3084 Pixel große Bilder.

Nikon schreibt im Datenblatt der D3100 von "Effektive Auflösung 14,2 Millionen Pixel / Gesamtpixelzahl 14,8 Millionen". Und siehe da, im RAW sind die 14,8 auch nicht ganz drin, sondern wohl nur 14,4 Mio.

Canon

Da habe ich einfach mal die 400D genommen:

EXIF sagt 3888 x 2592, GraphicConverter sagt 3906 x 2602.

Also auch hier mehr Pixel im RAW als im JPEG gebraucht.

Bei der Pentax K-X sieht es ähnlich aus:

4310x2868 gegen 4288x2848

Fazit: RAW ist nicht das rohe Sensorbild, wie zu Zeiten der seeligen Kodak DC-20. Aber zumindest bei manchem Kamerahersteller auch weniger verbogen als gedacht.


Was ist digicammuseum.de?

Die analoge Fotografie blickt auf eine etwa 170-jährige Geschichte zurück, seit etwa 100 Jahren sind Fotoapparate auch für Privatleute erschwinglich. Trotzdem sollte es noch Jahrzehnte dauern, bis die Fotografie zu einem Hobby für Millionen von Menschen wurde und der Fotoapparat zum selbstverständlichen Accessoire jeder Urlaubsreise.

Um so überraschender ist es zu sehen, mit welcher Geschwindigkeit die etablierte Technik in wenigen Jahren nach der Jahrtausendwende in eine Nischenexistenz zurückgedrängt wurde. Ersetzt wurde sie durch Digitalkameras. Diese haben in kürzester Zeit eine atemberaubende Evolution durchlaufen und haben ihre analogen Vorfahren weitgehend überflüssig gemacht. In fast allen Haushalten wurde die alte Spiegelreflex- oder Kompaktkamera durch ein digitales Modell ersetzt.

Während die meisten analogen Kameras viele Jahre, teilweise auch Jahrzehnte lang genutzt wurden, landen die meisten Digitalknipsen nach drei bis vier Jahren in der Schublade und müssen einem leistungsfähigeren Modell weichen. Die technischen Fortschritte werden jedoch immer kleiner. Digitalkameras haben einen Stand erreicht, der keine drastischen Verbesserungen mehr zulässt. Der Boom fand seinen Höhepunkt um die Jahre 2008-2010 und hat seither deutlich nachgelassen.

Das ist auch schon rein äußerlich zu erkennen: In den ersten Jahren war bei den Herstellern von Digitalkameras der Wille zu beobachten, die neue Technik auch für Innovationen in Design, Bedienung und Funktionalität zu nutzen. Inzwischen ist diese Phase weitgehend vorbei und die Hersteller haben zu den aus analoger Zeit bekannten Kameratypen zurückgefunden: Kompaktkameras auf der einen und Systemkameras auf der anderen Seite.

Die in Smartphones eingebauten Kameras sind inzwischen jedoch so gut, dass sie Kompaktkameras die Existenzberechtigung geraubt haben. Wozu ein separates Gerät kaufen, wenn man vergleichbare Bilder auch mit dem Handy hinbekommt, das man zudem immer in der Tasche hat?

Es entsteht so im Moment die paradoxe Situation, dass so viel fotografiert wird, wie noch nie in der Geschichte - und gleichzeitig immer weniger "richtige" Kameras verkauft werden. Mag sein, dass die Ära der Fotoapparate für jedermann zu Ende geht und bald nur noch Hobbyfotografen und Profis als Kamerakäufer übrig bleiben. Deswegen ist nicht zu früh, die "wilden Jahre" der Digitalkamera-Entwicklung zu dokumentieren.

Diese Homepage war anfangs vor allem als virtuelles Museum meiner Kamerasammlung gedacht. Inzwischen ist daraus ein Projekt geworden, bei dem ein wachsender Kreis von Autoren tolle Beiträge zur Digitalkamera-Geschichte beisteuert. Den weitaus größten Anteil daran hat Ralf Jannke, der mit seinen Praxisbeiträgen die verschiedensten Themen detailliert behandelt und großartig bebildert. Was sich allerdings nicht geändert hat: Die Homepage ist ein reines Hobby- und Spaßprojekt. Wir freuen uns über den Austausch mit anderen Sammlern und Fotobegeisterten. Es gibt keine Werbung und wir sind auch keine bezahlten Influencer. Falls Sie allerdings noch eine spannene Kamera herumliegen haben, die Sie nicht mehr brauchen - wir sind immer auf der Suche nach weiteren Exponaten.

Boris Jakubaschk