Ausverkauf? Traurige Realität …

Avatar of Ralf JannkeRalf Jannke - 12. November 2023 - Wissen, Sammeln

Aufruf in einer kleinen WhatsApp-Gruppe: „Erbschaft“ eingetroffen. Was soll ich damit?

Was da nur ansatzweise abgebildet ist, das sind vermutlich wenig bis unbenutzte Analog-Kameras. Und Labor-Kram, den niemand mehr will … Die Geräte teilweise in Originalverpackungen, die nach unserer Kontrolle nie zuvor geöffnet wurden, die flammneuen Kameras also nie einen Film gesehen haben :-(

Die Gerätschaften "abgeladen" von der entfernten Verwandtschaft bei einem befreundeten Fotografen nach dem Motto: "Du bist doch Fotograf. Der Besitzer ist gestorben und die Witwe weiß nicht, was sie mit dem Zeug soll … Kannst du dich darum kümmern." Nach Sichtung vermuteten die Anwesenden, dass es sich beim Vorbesitzer möglicherweise um einen krankhaft kaufsüchtigen Menschen gehandelt haben könnte. Es ist halt wie es ist.

Langer Rede kurzer Sinn: Was soll man in Digitalzeiten mit dem Kram anfangen?

O.K. es wechselten die Besitzer eine im Zustand erstklassige Canon F1 NEW samt 2,0/24 mm Canon FD, ein kleiner, nie benutzter Canon Thermosublimationsdrucker samt Farbfolien und Papier und die oben gezeigten REVUE Kameras des ehemaligen Versandhaus Quelle. Das in Fernost im Auftrag produzieren und mit der Hausmarke REVUE labeln ließ. Die zweiäugige REVUE 6x6 Mittelformat-Spiegelreflexkamera ist nichts anderes als die chinesische Seagull-Kopie der deutschen Rolleiflex. Bei der KB-SLR handelt es sich um eine entweder von Ricoh oder Cosina produzierte und entsprechend gelabelte Kamera mit universellem Pentax K-Bajonett. Obwohl ich die zweiäugige Seagull (vom Flohmarkt) bereits habe, habe ich dieses flammneue Exemplar für meine weiteren Analog-Mittelformat-SW-Rollfilm-Experimente mit Kusshand genommen. Und die Kleinbildfilm-SLR. Die stellt einen technologisch vom Markt nicht angenommenen Irrweg dar. Solarzellen im Prismendach sollten für die Energieversorgung der Belichtungsmessung sorgen. Was bei Auslieferungszustand vermutlich einwandfei funktionierte, jetzt aber "tot" ist. Nachdem die REVUE Solar 100 rund 30 Jahre unbenutzt irgendwo in einem dunklen Schrank stand :-( Hochspannend das Normalobjektiv, ein ultralichtstarkes REVUENON 55mm 1:1.2.

Der REVUE Solar 100 und dem tollen Normalobjektiv in Neuzustand habe ich hier einen eigenen Beitrag gewidmet!

Und wo wird das Zeug enden? Beim lokalen Fotohändler, der das Ganze vermutlich zum Ramschpreis nehmen wird, um mit den wenigen wertvolleren Geräten etwas Gewinn zu generieren …

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1 Kommentare

Peter

13. November 2023

"Was soll man in Digitalzeiten mit dem Kram anfangen?"

Zu völlig abgehobenen Preisen bei Ebay oder Kleinanzeigen verkaufen. Es gibt noch genügend Verrückte, die dafür Unsummen ausgeben.

Hi

Da bin ich nicht ganz bei dir/ihnen

Es wird immer wieder vergessen in eBay weit unten unter Kategorie die Häkchen in die Felder "Beendete Angebote" und "Verkaufte Artikel" zu setzten. Nur dort sehe ich, für welche Beträge Gerätschaften tatsächlich verkauft/gekauft wurden. Gewöhnlich weit weg von den "Mond-/Apotheken"-Preisen der Anbieter. Völlig irre ist aktuell, was für abgelaufene Filme verlangt wird. Die paar KB-Filme, die ich aus Nostalgie noch verfotografiere, sind immer vom Flohmarkt. NICHT von Fotobörsen, da spinnen die Anbieter ebenfalls. Köstlich auch Zusätze wie "in der Tiefkühltruhe gelagert". Was niemand nachprüfen kann … Ansonsten gerne SW, was als KB- wie Rollfilm noch einigermaßen im Rahmen bleibt. Bei 99 Prozent Digital und 1 Prozent Analog bleibt Analog eigentlich Blödsinn. Macht aber Spaß ;-)

Ralf Jannke


Was ist digicammuseum.de?

Die analoge Fotografie blickt auf eine etwa 170-jährige Geschichte zurück, seit etwa 100 Jahren sind Fotoapparate auch für Privatleute erschwinglich. Trotzdem sollte es noch Jahrzehnte dauern, bis die Fotografie zu einem Hobby für Millionen von Menschen wurde und der Fotoapparat zum selbstverständlichen Accessoire jeder Urlaubsreise.

Um so überraschender ist es zu sehen, mit welcher Geschwindigkeit die etablierte Technik in wenigen Jahren nach der Jahrtausendwende in eine Nischenexistenz zurückgedrängt wurde. Ersetzt wurde sie durch Digitalkameras. Diese haben in kürzester Zeit eine atemberaubende Evolution durchlaufen und haben ihre analogen Vorfahren weitgehend überflüssig gemacht. In fast allen Haushalten wurde die alte Spiegelreflex- oder Kompaktkamera durch ein digitales Modell ersetzt.

Während die meisten analogen Kameras viele Jahre, teilweise auch Jahrzehnte lang genutzt wurden, landen die meisten Digitalknipsen nach drei bis vier Jahren in der Schublade und müssen einem leistungsfähigeren Modell weichen. Die technischen Fortschritte werden jedoch immer kleiner. Digitalkameras haben einen Stand erreicht, der keine drastischen Verbesserungen mehr zulässt. Der Boom fand seinen Höhepunkt um die Jahre 2008-2010 und hat seither deutlich nachgelassen.

Das ist auch schon rein äußerlich zu erkennen: In den ersten Jahren war bei den Herstellern von Digitalkameras der Wille zu beobachten, die neue Technik auch für Innovationen in Design, Bedienung und Funktionalität zu nutzen. Inzwischen ist diese Phase weitgehend vorbei und die Hersteller haben zu den aus analoger Zeit bekannten Kameratypen zurückgefunden: Kompaktkameras auf der einen und Systemkameras auf der anderen Seite.

Die in Smartphones eingebauten Kameras sind inzwischen jedoch so gut, dass sie Kompaktkameras die Existenzberechtigung geraubt haben. Wozu ein separates Gerät kaufen, wenn man vergleichbare Bilder auch mit dem Handy hinbekommt, das man zudem immer in der Tasche hat?

Es entsteht so im Moment die paradoxe Situation, dass so viel fotografiert wird, wie noch nie in der Geschichte - und gleichzeitig immer weniger "richtige" Kameras verkauft werden. Mag sein, dass die Ära der Fotoapparate für jedermann zu Ende geht und bald nur noch Hobbyfotografen und Profis als Kamerakäufer übrig bleiben. Deswegen ist nicht zu früh, die "wilden Jahre" der Digitalkamera-Entwicklung zu dokumentieren.

Diese Homepage war anfangs vor allem als virtuelles Museum meiner Kamerasammlung gedacht. Inzwischen ist daraus ein Projekt geworden, bei dem ein wachsender Kreis von Autoren tolle Beiträge zur Digitalkamera-Geschichte beisteuert. Den weitaus größten Anteil daran hat Ralf Jannke, der mit seinen Praxisbeiträgen die verschiedensten Themen detailliert behandelt und großartig bebildert. Was sich allerdings nicht geändert hat: Die Homepage ist ein reines Hobby- und Spaßprojekt. Wir freuen uns über den Austausch mit anderen Sammlern und Fotobegeisterten. Es gibt keine Werbung und wir sind auch keine bezahlten Influencer. Falls Sie allerdings noch eine spannene Kamera herumliegen haben, die Sie nicht mehr brauchen - wir sind immer auf der Suche nach weiteren Exponaten.

Boris Jakubaschk