Wir bauen uns eine Digitalkamera

Avatar of Ralf JannkeRalf Jannke - 22. März 2024 - Wissen, Sammeln, Ausprobieren

Und sind dabei natürlich nicht die Ersten

Man beachte das "professionelle" Setup auf dem Küchentisch und die gekonnte Bildführung beim Ablichten meiner Wurstfinger auf der Maus mit der Raspberry-Kamera ;-)))

Im Original 3.280x2.464 Bildpunkte = 8 Megapixel. Der einmontierte 1.024x768 Pixel Screenshot lässt die grafische Raspberry-/Unix-Oberfläche erahnen.

Die Youtube-Sucheingabe von: "building a digital camera from analog" bringt zig Videos, die mehr oder weniger gekonnte Versuche zeigen, wie ich aus Analogkameras eine digitale Messsucher- oder Spiegelreflexkamera machen kann

Vielfach auf Basis des Mikrocomputers Raspberry PI plus Raspberry-Kamera. An so etwas wollte ich mich einfach auch mal versuchen. Was angesichts des vorhandenen DSLR-/DSLM-Parks natürlich reiner Nonsens ist. Aber die Herausforderung reizt mich. Auch wenn es mit den kleinen/winzigen  Sensoren der Raspberry-Kameras sehr große Cropfaktoren, extreme virtuelle (scheinbare) Brennweitenverlängerungen gibt.

Bei microFourThirds habe ich einen Cropfaktor 2, bei Nikon 1 DSLMs bereits 2,7, und bei der Pentax Q mit ihrem kleinen 1/2,3" 6,2 x 4,6 mm CMOS-Sensor steigt der Cropfaktor auf 5,6! Der Bildausschnitt bei 20 mm KB-Brennweite entspricht dann KB-äquivalenten 112 mm. Auf 20 mm kann ich zurückgreifen! Wobei mein katastrophal schlechtes 18 mm Sigma dann auch noch ginge, weil die miserablen Ecken ja weg sind! Das wären dann KB-äquivalente 103 mm Brennweite — bei einem Cropfaktor von 5,6 …

Um zu starten, mussten natürlich erstmal der erforderliche Raspberry PI Mikrocomputer und ein Kameramodul her. Preis um 60 Euro dafür. Dazu kamen dann noch diese Adapter:

  • USB-auf-USB-micro
  • USB-Mehrfachstecker/Verteiler
  • HDMI-auf-HDMI-mini
  • HDMI-auf-VGA-Monitor

Stromversorgung, Netzteile sind in Form diverser Smartphone-Ladegeräte überreichlich vorhanden. Und schließlich noch das Wichtigste: eine mindestens 8 GB große microSD-Speicherkarte, auf der das Unix-Betriebssystem für den Raspberry PI installiert wird. Komplettiert wird das Ganze zum Start mit einem (alten) PC-Monitor, Tastatur, Maus und USB-Verteiler.

Theoretisch lässt sich der Raspberry auch drahtlos installieren, womit ich mich nach wenigen vergeblichen Versuchen aber nicht weiter abgegeben habe.

Mit der problemlos nach Anweisungen mit dem Unix-Betriebssystem zu bestückenden microSD-Karte und den oben beschriebenen Zutaten ging das Aufsetzen des Mikro-Computers erstaunlich komfortabel und problemlos. Karte in den Slot geschoben, Monitor eingeschaltet, Tastatur und Maus angeschlossen und erst dann den Stecker der Stromversorgung einstecken. Und dann warten, bis das Betriebssystem komplett hochgefahren ist — fertig. WLAN- und Kamera-Einrichtung: problemlos!

Was nicht funktionierte, das war das "Durchschleifen" der Maus mit meiner uralten Apple-Tastatur. Kann man mit leben! Tastatur, Maus, und Speicherkartenleser gehen jetzt über einen USB-Verteiler. Nicht gelungen war mir das Anlegen der Ordner „Screenshots“ und „Fotos“ auf die microSD-Karte mit dem Betriebssystem. Die Ordner sind da, aber nicht oder versteckt auf der microSD. Die Ordner sind aber samt der darin enthaltenen Fotos vorhanden. Die Fotos lassen sich problemlos auf eine CompactFlash- oder SD-Karte im USB-Leser ziehen/kopieren. Das genügt zum Experimentieren vollkommen!

Vor den mitunter notwendigen Befehls-Eingaben am Unix-Prompt/Terminal habe ich seit seligen MS DOS-Tagen keine Scheu. Ansonsten wirkte die Raspberry-Unix-Oberfläche sofort vertraut. Apple Mac mit Betriebssystem OSX lassen grüßen. Schließlich auch nichts anderes, als ein hochprofessionelles und superkomfortables Unix-Betriebssystem.

Das ist natürlich nur der Anfang. Welche Raspberry-Kamera ist die richtige, um das Bild einer alten Analogkamera einzufangen, wie mache ich das Ganze in der Energieverorgung autark (Powerbank?) und so weiter und so weiter … Bis ins Letzte werde ich es eher nicht treiben, aber ich bin schon neugierig, wie sich der Raspberry samt Kamera über ein Smartphone steuern lässt.

Cropfaktor/Brennweite

Der Sensor der Camera V2 hat eine Diagonale von 4,6 mm. Daraus errechnet sich ein Cropfaktor von 9,3! Mit 18mm KB-Brennweite bekomme ich den Auschnitt einer KB-äquivalenten Brennweite von  168 mm … Damit ist klar, dass das Ganze nur auf etwas Spielen und Experimentieren hinauslaufen kann. Zur sinnvollen Adaption der alten Objektive sind reichlich Adapter und spiegellose Systemkameras unterschiedlicher Sensorgrößen und kleiner Cropfaktoren vorhanden. Den Analog-Objektivschätzen wird so ein quasi unendliches Leben geschenkt.

Aber nur per Raspberry bekommen die alten Analog-Kameras wenigstens wieder ein bisschen Leben! Die Test-Kandidaten: Nikon F2 und Beauty LIGHTOMATIC

Klar, man könnte die alten Analogschätzchen auch einfach mit Film laden … Aber darum geht es hier ja nicht.

Die Kamerawahl wurde bewusst so getroffen!

In dem Raspberry-Paket waren zwei Kameras. Der Vorteil der oben gezeigten Variante: Das Objektiv kann problemlos entfernt werdem damit der Bildsensor freiliegt. Theoretisch muss der Bildsensor in der Filmebene liegen. Was ich nicht ganz schaffen werde, zum Experimentieren aber egal ist. Die Unendlicheinstellung geht vermutlich verloren. Da der Bildsensor, die ganze Platine damit in Nähe des empfindlichen Verschluss' der SLR liegen würde, wurde das Problem elegant umgangen.

Bei meiner Beauty LIGHTOMATIC Messsucherkamera liegt der Zentralverschluss weit weg von der Filmebene in Objektivnähe und damit in Sicherheit. Bei der Nikon F2 sorgt die "T"-(Time-/Zeit-) Einstellung (roter Kreis) nach einem einmaligen Auslösen dafür, dass der Schlitzverschluss permanent offenbleibt. Solange bis wieder an dem markierten Ring gedreht wird. Für die Messsucherkamera muss ich nur noch einen Kabel-/Drahtauslöser mit Feststellmöglichkeit organisieren, damit der Verschluss bei "B" (Bulb, beliebig) permanent offen bleibt.

Kleiner Nachtrag

Die ersten Erfahrungen mit dem Raspberry Mikro Computer und der geeigneten Raspberry-Kamera, exakter dem darin verbauten Sensor genügen, um improvisiert auf der Terrasse, im Garten ein paar Beispielfotos aufzunehmen. Vom Stativ aus, Monitor, Tastatur und Maus auf einem Tisch oder Stuhl, Netzteil und Monitor in einer Steckerleiste am Verlängerungskabel. Die technische Qualität zeigt dann, was zu erwarten ist.

Der nächste Schritt muss dann sein, das Raspberry-System autark zu bekommen. Die Energieversorgung zunächst über in eine kleine Powerbank. Und — ganz wichtig — die Bedienung/Steuerung des Raspberrys über Smartphone.

Und dann kann es auch schon losgehen – nach den Osterferien, Ende April!

 

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Was ist digicammuseum.de?

Die analoge Fotografie blickt auf eine etwa 170-jährige Geschichte zurück, seit etwa 100 Jahren sind Fotoapparate auch für Privatleute erschwinglich. Trotzdem sollte es noch Jahrzehnte dauern, bis die Fotografie zu einem Hobby für Millionen von Menschen wurde und der Fotoapparat zum selbstverständlichen Accessoire jeder Urlaubsreise.

Um so überraschender ist es zu sehen, mit welcher Geschwindigkeit die etablierte Technik in wenigen Jahren nach der Jahrtausendwende in eine Nischenexistenz zurückgedrängt wurde. Ersetzt wurde sie durch Digitalkameras. Diese haben in kürzester Zeit eine atemberaubende Evolution durchlaufen und haben ihre analogen Vorfahren weitgehend überflüssig gemacht. In fast allen Haushalten wurde die alte Spiegelreflex- oder Kompaktkamera durch ein digitales Modell ersetzt.

Während die meisten analogen Kameras viele Jahre, teilweise auch Jahrzehnte lang genutzt wurden, landen die meisten Digitalknipsen nach drei bis vier Jahren in der Schublade und müssen einem leistungsfähigeren Modell weichen. Die technischen Fortschritte werden jedoch immer kleiner. Digitalkameras haben einen Stand erreicht, der keine drastischen Verbesserungen mehr zulässt. Der Boom fand seinen Höhepunkt um die Jahre 2008-2010 und hat seither deutlich nachgelassen.

Das ist auch schon rein äußerlich zu erkennen: In den ersten Jahren war bei den Herstellern von Digitalkameras der Wille zu beobachten, die neue Technik auch für Innovationen in Design, Bedienung und Funktionalität zu nutzen. Inzwischen ist diese Phase weitgehend vorbei und die Hersteller haben zu den aus analoger Zeit bekannten Kameratypen zurückgefunden: Kompaktkameras auf der einen und Systemkameras auf der anderen Seite.

Die in Smartphones eingebauten Kameras sind inzwischen jedoch so gut, dass sie Kompaktkameras die Existenzberechtigung geraubt haben. Wozu ein separates Gerät kaufen, wenn man vergleichbare Bilder auch mit dem Handy hinbekommt, das man zudem immer in der Tasche hat?

Es entsteht so im Moment die paradoxe Situation, dass so viel fotografiert wird, wie noch nie in der Geschichte - und gleichzeitig immer weniger "richtige" Kameras verkauft werden. Mag sein, dass die Ära der Fotoapparate für jedermann zu Ende geht und bald nur noch Hobbyfotografen und Profis als Kamerakäufer übrig bleiben. Deswegen ist nicht zu früh, die "wilden Jahre" der Digitalkamera-Entwicklung zu dokumentieren.

Diese Homepage war anfangs vor allem als virtuelles Museum meiner Kamerasammlung gedacht. Inzwischen ist daraus ein Projekt geworden, bei dem ein wachsender Kreis von Autoren tolle Beiträge zur Digitalkamera-Geschichte beisteuert. Den weitaus größten Anteil daran hat Ralf Jannke, der mit seinen Praxisbeiträgen die verschiedensten Themen detailliert behandelt und großartig bebildert. Was sich allerdings nicht geändert hat: Die Homepage ist ein reines Hobby- und Spaßprojekt. Wir freuen uns über den Austausch mit anderen Sammlern und Fotobegeisterten. Es gibt keine Werbung und wir sind auch keine bezahlten Influencer. Falls Sie allerdings noch eine spannene Kamera herumliegen haben, die Sie nicht mehr brauchen - wir sind immer auf der Suche nach weiteren Exponaten.

Boris Jakubaschk