Erlebnisse auf dem Flohmarkt

Avatar of Boris JakubaschkBoris Jakubaschk - 13. Juni 2015 - Sammeln

"Frieher hodda mir de Hof gemacht - heit machda mir es Treppahaus." - vermutlich hat dieses Bonmot, vorgetragen in breitem mannemer (mannheimer) Dialekt, schon einen jahrzehntealten Bart. Ich habe es heute morgen auf dem mannheimer Krempelmarkt im Vorbeigehen aufgeschnappt und es hat mir ein fettes Grinsen ins Gesicht getrieben.

Ich liebe Flohmärkte. Wenn eines Tages die Digitalkameras "abgesammelt" sind und keine spannenden Exemplare mehr zu finden sind, muss ich mir auf der Stelle einen neuen Grund suchen, samstags früh eine oder zwei Stunden dort zu verbringen.

Auf Flohmärkten treffen sich Ausgeflippte und Normale, Junge und Alte, Eingewanderte und Einheimische, Arme und Reiche - und unterhalten sich miteinander. Es lohnt sich, nicht nur die Augen, sondern auch die Ohren offen zu halten.

Allerdings stößt man auch auf die verschiedensten Temperamente. Ein Bekannter war vergangene Woche in Karlsruhe auf dem Flohmarkt am Stephansplatz und wollte sich bei einer Agfa-Analogkamera für 3,50 Euro nicht gleich entscheiden. "Ich überleg's mir nochmal." Das hat den Verkäufer derart in Rage versetzt, dass er die Kamera auf der Straße zerschmettert hat: "Jetzt gibt es nix mehr zu überlegen!".

Da hätte man glatt mal ausprobieren sollen, ob sich das mit dem Rest des Standinventars so hätte wiederholen lassen.

Ach ja, für die Sammlung gab es heute auch ein paar Kleinigkeiten. Das Highlight ist die halbtransparente Kodak DC240i Zoom - inspiriert von den ersten iMacs und auch in den gleichen Farben erhältlich gewesen. Meine ist "Bondi Blue". Was Großes gab es auch noch: Eine Diehl Combitron. Das ist keine Digitalkamera, sondern eine Art programmierbarer Taschenrechner von 1966. Ausgestattet mit einem "Betriebssystem" auf Lochstreifen, einem langen Draht mit Ultraschallsignalen als RAM (sog. Laufzeitspeicher) und einem Rechenwerk, das komplett aus Transistoren und Dioden zusammengelötet ist. Den konnte ich für 15 Euro einfach nicht stehen lassen - auch wenn der "Taschenrechner" das Format einer ziemlich monströsen Schreibmaschine hat und ein Gewicht von um die 25 kg.

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2 Kommentare

Boris

22. Juni 2015

Diehl kommt aus Westdeutschland und existiert noch - ist eine ziemlich große Firma. Halbelektronische Rechenmaschinen zählen aber nicht mehr zum Portfolio. Ich habe noch eine zweite Combitron - als ich die das letzte mal ausprobiert habe, ging sie noch. Das neu erstandene Exemplar macht zwar den typischen Sound, wenn sie vom Metallband "bootet", aber die Betriebsbereitschaft-Lampe leuchtet von Anfang. Da ist also was faul. Der Bootvorgang kommt auch leider nicht ans Ende.

Ich werde die Maschine einem Sammlerkollegen vermachen und mich daher nicht weiter damit befassen.


Ralf

13. Juni 2015

Heilungschancen ;-)

Diehl Combitron...

Kann man das irgendwie therapieren ;-) ? Combitron hört sich nach "Made in GDR" an. Ist sowas heute noch ans Laufen zu bekommen?


Was ist digicammuseum.de?

Die analoge Fotografie blickt auf eine etwa 170-jährige Geschichte zurück, seit etwa 100 Jahren sind Fotoapparate auch für Privatleute erschwinglich. Trotzdem sollte es noch Jahrzehnte dauern, bis die Fotografie zu einem Hobby für Millionen von Menschen wurde und der Fotoapparat zum selbstverständlichen Accessoire jeder Urlaubsreise.

Um so überraschender ist es zu sehen, mit welcher Geschwindigkeit die etablierte Technik in wenigen Jahren nach der Jahrtausendwende in eine Nischenexistenz zurückgedrängt wurde. Ersetzt wurde sie durch Digitalkameras. Diese haben in kürzester Zeit eine atemberaubende Evolution durchlaufen und haben ihre analogen Vorfahren weitgehend überflüssig gemacht. In fast allen Haushalten wurde die alte Spiegelreflex- oder Kompaktkamera durch ein digitales Modell ersetzt.

Während die meisten analogen Kameras viele Jahre, teilweise auch Jahrzehnte lang genutzt wurden, landen die meisten Digitalknipsen nach drei bis vier Jahren in der Schublade und müssen einem leistungsfähigeren Modell weichen. Die technischen Fortschritte werden jedoch immer kleiner. Digitalkameras haben einen Stand erreicht, der keine drastischen Verbesserungen mehr zulässt. Der Boom fand seinen Höhepunkt um die Jahre 2008-2010 und hat seither deutlich nachgelassen.

Das ist auch schon rein äußerlich zu erkennen: In den ersten Jahren war bei den Herstellern von Digitalkameras der Wille zu beobachten, die neue Technik auch für Innovationen in Design, Bedienung und Funktionalität zu nutzen. Inzwischen ist diese Phase weitgehend vorbei und die Hersteller haben zu den aus analoger Zeit bekannten Kameratypen zurückgefunden: Kompaktkameras auf der einen und Systemkameras auf der anderen Seite.

Die in Smartphones eingebauten Kameras sind inzwischen jedoch so gut, dass sie Kompaktkameras die Existenzberechtigung geraubt haben. Wozu ein separates Gerät kaufen, wenn man vergleichbare Bilder auch mit dem Handy hinbekommt, das man zudem immer in der Tasche hat?

Es entsteht so im Moment die paradoxe Situation, dass so viel fotografiert wird, wie noch nie in der Geschichte - und gleichzeitig immer weniger "richtige" Kameras verkauft werden. Mag sein, dass die Ära der Fotoapparate für jedermann zu Ende geht und bald nur noch Hobbyfotografen und Profis als Kamerakäufer übrig bleiben. Deswegen ist nicht zu früh, die "wilden Jahre" der Digitalkamera-Entwicklung zu dokumentieren.

Diese Homepage war anfangs vor allem als virtuelles Museum meiner Kamerasammlung gedacht. Inzwischen ist daraus ein Projekt geworden, bei dem ein wachsender Kreis von Autoren tolle Beiträge zur Digitalkamera-Geschichte beisteuert. Den weitaus größten Anteil daran hat Ralf Jannke, der mit seinen Praxisbeiträgen die verschiedensten Themen detailliert behandelt und großartig bebildert. Was sich allerdings nicht geändert hat: Die Homepage ist ein reines Hobby- und Spaßprojekt. Wir freuen uns über den Austausch mit anderen Sammlern und Fotobegeisterten. Es gibt keine Werbung und wir sind auch keine bezahlten Influencer. Falls Sie allerdings noch eine spannene Kamera herumliegen haben, die Sie nicht mehr brauchen - wir sind immer auf der Suche nach weiteren Exponaten.

Boris Jakubaschk