Altglas Kanon - manuell zu fokussierende Objektive auf der spiegellosen Vollformat Nikon Z6

Während Christian Zahn auch bei Jahrzehnte-alten, manuell zu fokussierenden Objektiven kompromisslos auf Abbildungsqualität bis in die letzte Formatecke besteht, wähle ich meine MF-Alt-Objektive nach — ich nenne es mal — Abbildungs-Charme, Charakter. Und nehme dabei auch Abbildungsfehler (letzte Eckenschärfe, flauer Kontrast) ganz bewusst in Kauf.

Deshalb greife ich statt zum von der Abbildungsleistung sicher besseren 35 mm Weitwinkel mit Lichtstärke 2,8 oder 3,5 wie von Minolta, Nikon oder Pentax zu greifen, lieber zum ultralichtstarken NIKKOR-NC Auto 1:1.4 f=35mm oder dem wunderbare, nur vierlinsige Meyer-Optik Görlitz Primagon 4,5/35. Mehr in der folgende Aufstellung.

Superweitwinkel (kürzer als 28 mm Brennweite)

Carl Zeiss Jena Flektogon 4/25

Weitwinkel 28/30 mm

Von links nach rechts:

Um sich fürs 28 mm Canon, Sun oder Vivitar zu entscheiden, müsste ich einen 1:1 Vergleich machen – irgendwann ;-)

Normalobjektive (ca. 50 mm)

Das kann ich drehen und wenden wie ich will ;-) Unter fünf/sechs Objektiven geht es nicht ;-)

Von links nach rechts:

Und zum Schluss der Normalobjektive:

Mein lichtstärkstes Objektiv überhaupt!

Keine Frage, dass es schärfer abbildende Normalobjektive gibt. Wobei das uralte Minolta Makro edlem Leitz- und Zeiss-Glas kaum nachstehen dürfte. Das 1,2/55 mm Nikkor will gemeistert werden. Heißt bevorzugt mit Offenblende oder f/1,4. Die Eckenschärfe ist mir selbst bei einem flächigen Motiv vollkommen gleichgültig!

Porträt-Tele 85 mm

Trotz der Schwäche Schärfe bis Unendlich erst ab f/5,6 f/8 (besser f/11) zu erreichen gab ich dem (Sun) Soligor 1:1.8 f=85mm den Vorzug vor dem etablierten, und wahrscheinlich schärfer abbildenden Nikon NIKKOR-HC AUTO 1:1.8 f=85mm.

Porträt-Tele 100/105 mm

Auch hier wieder die Qual der Wahl ;-) Satt zum wahrscheinlich besseren CANON LENS FL 100mm 1:3.5 oder zum "viel zu guten" Nippon Kogaku NIKKOR-P Auto 1:2.5 f=105mm, greife ich gerne zum dreilinsigen FEINMESS DRESDEN Bonotar 1:4,5/105 mm. Dazu gesellt sich mittlerweile noch ein vielversprechender Kandidat, das vierlinsige 2,5/105 mm Tamron, das aber noch nicht genügend getestet ist. Bei Offenblende "butterweich" mit interessantem Bokeh.

Und dann? 135, 200, 300 mm

Was hatte ich geschrieben? Gefühlt habe ich mittlerweile so viele 135er, dass ich damit bald ein Schachbrett bestücken könnte ;-) 135er, von denen ich etliche noch gar nicht ausprobiert habe. Die Auswahl fällt schwer! Deshalb estmal "nur" drei Highlights:

Wenn es um den von mir gewünschten "Schmelz" geht, tendiere ich fast zum 13,5 cm Sun. Das noch nicht im Vollformat getestet wurde! Ich sage nur 2022 … Und vielleicht gibt es noch eine Überraschung unter den ungetesteten 135ern.

Mehr 135er und eine Gemeinsamkeit

Nie groß aufgefallen, aber jetzt mal festgehalten: Die zu lange Nahdistanz (markiert) von 1,5 bis 1,7 m/5 bis 6 Fuss (Feet) bei historischen 135 mm Teleobjektiven – und einem 105er. Von links nach rechts:

200 mm aufwärts?

Ab 135 mm Brennweite bin ich geneigt zum Zoom zu greifen. Als mit etwas über 600 g absolut tragbar hat sich das SUN OPT. SUN AUTO TELE-ZOOM F:4.8 f=85-210 mm erwiesen. Und ein ganz heißer Kandidat: das Nikon NIKKOR C Auto 1:4.5 80-200mm. Ein Zoom, dem man nachsagt, es wäre das erste Objektiv der Welt mit verstellbarer Brennweite gewesen, das in seiner Abbildungsqualität Festbrennweiten gleichkam! Zu meiner Schande hatte ich es noch nicht im Vollformat. Ich sag' nur 2022!

Vivitar Series 1 70-210mm 1:3.5 MACRO FOCUSING AUTO ZOOM

Und sonst jenseits der 200 mm?

Die Zooms, die deutlich jenseits der 200 mm und 1-1500 g Grenze liegen, scheiden für mich zum "Durch-die-Gegend-tragen" aus. Genau ansehen muss ich mir noch zwei, drei Festbrennweiten im Bereich 200/250 mm. Aus der Erinnerung sind da Exemplare mit wunderbar kreisförmig schließender Blende – Stichwort Bokeh –, die noch einer genaueren Durchsicht harren.

Fast vergessen: Gemäßigtes, tragbares (!) Weitwinkel-/Tele-Zoom

Was das angeht, stehen die beiden Kandidaten schnell fest. Wobei ich mir erlaube, 40 mm noch ganz großzügig als Weitwinkel zu deklarieren

Und zum Schluss noch etwas Unerhörtes ;-)

Das Suppenzoom ;-)

Die gerne als "Suppen-Zoom" diffamierten Objektive mit 6- bis über 10-fachen Brennweitenbereich vom Weitwinkel bis zu Tele sind ja nicht neu. Bereits 1966 stellt Nikon ein 4,5/50-300 mm 6-fach Zoom vor, das immerhin vom Normalobjektiv bis zum deutlichen Tele reicht. Canon bringt 1993 ein 35-350 mm Autofokus Zoom mit Sondergläsern und Ultraschallantrieb. Bei diesen beiden Objektiven handelt es sich von Abmessungen und Preisen her wirklich um Super-Zooms, ganz sicher keine "Suppen-Zooms".

Erst nachdem Sigma, Tamron und Tokina, um nur drei unabhängge Anbieter zu nennen, deutlich kompaktere und leichtere Zooms im KB-Bereich 28-200/300 mm anboten, kam wohl der Begriff "Suppen-Zoom" auf. Zwei vergleichbare Beispiele will ich hier zum Schluss noch vorstellen. Es handelt sich um die manuell zu fokussierende Zooms RMC Tokina 35-135mm 1:4-4.5 und SD 35-200mm 1:4-5.6 von 1987 aus dem Ende der Autofokus-losen Zeit. Das 35-135 habe ich im Halbformat auf der 24 MP Fuji X-T20 probiert. Da spielt es keine Rolle, dass die Vergütung oder Verkittung der Frontlinse von außen nach innen Schaden genommen hat. Was finanziell keine Rolle spielet, da das Zoom als Beifang kam. Das 35-135 werde ich nicht auf die Z6 adaptiern.

Sehr wohl aber das 35-200! 

Auf der Fuji X-T20 noch verschmäht, weil es sich dort trotz Kantenanhebung (Fokus-Peaking) schlecht fokussieren ließ. Das kann die Nikon Z6 besser. Das 35-200 mm ist je nach Brennweiteneinstellung 115 - 155 mm lang und wiegt 710 g. Durchmesser 67 mm, Filtergewinde 62 mm. Nahdistanz 1,6 m, (nur!) bei 210 mm "Makro" 1,1 m, Abbildungsmaßstab 1:4. Zum Rundgang bekam das 35-200 noch eine Streulichtblende. Praxisbericht auf der Z6 hier.

Und das war's … Oder doch nicht?

Die (ganz) langen Zooms!

Da ist noch eine Menge Test-/Spielpotential:

Und dazu gesellt sich meine Altglas-"Restmenge" an Messsucherkamera-Objektiven. Die werden nach Laune, Sonnen-/Mondstand und Windrichtung genommen ;-)

Objektiv-/Abbildungsfehler lassen auch mit Filtern nachahmen, die nicht selten teurer sind als meine alten "Russenlinsen". Ich bevorzuge aber die Motivabbildung durchs unperfekte Objektiv! Und ein Stück kaputter Damen-Nylonstrumpf mit mittigem Loch ergibt einen netten Weichzeichner. Wenn man den draußen vor Ort gerade nicht griffbereit hat ;-) genügt ein Anhauchen der Frontlinse … Dasselbe trifft auch auf oft kostenlose Bildverschlechterungs-Software zu. Ich nenne dabei gerne Pixlr-o-matic. Der Umgang ist simpel. Aber man muss schon ein Gefühl entwickeln, welche gewollte Bildverschlechterung, -verfremdung gut aussieht. Und auch hier geht es leichter, wenn man wirklich auch mit uralten Objektiven fotografiert – hat.

Eins ist aber wichtig: Beim fröhlichen Experimentieren mit Altglas jeglicher Art nie von Spaßbremsen beirren lassen – einfach machen!

Ralf Jannke

 

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